2013 - Äthiopien

Äthiopien 2013 - Zwei Rucksäcke, zwei Fahrräder und ein paar Ersatzschläuche


Am 05.10.2013, einem Samstag, starten wir mit zwei 35l Rucksäcken in denen sich nur das Nötigste befindet und unseren zwei Mountainbikes, verpackt in alte Fahrradkartons, Richtung Flughafen München. Die Fahrräder haben wir im vorhinein nicht als Sperrgepäck angemeldet. Nachdem sich die italienische Fluggesellschaft ein bisschen berät, wie nun diese Fahrräder nach Gondar (Ethiopia) kommen, wir ein bisschen unsere Räder in den großen Kartons spazieren gefahren haben, werden sie auch schon gegen einen geringen Aufpreis verladen und es geht endlich los. In Rom steigen wir aus einer alten Maschine in eine noch ältere Maschine der Ethiopian Airline. Wie in einem schlechten Film flackert schon beim Betreten des Flugzeugs das Licht. Alte Monitore hängen hier und da von der Decke, sowie alte Telefone, deren Hörer prompt beim Start aus der Halterung fallen. Wir fliegen die ganze Nacht. Die Crew ist sehr nett, versorgt uns alle paar Stunden mit Essen und wechselt dazu jedes mal passend ihre Kleidung. Nach 11 Stunden kommen wir in Äthiopien an. Wir landen in Addis Abeba, der Hauptstadt und los geht das Chaos. Wir haben eine Stunde Zeit umzusteigen und müssen uns noch schnell ein Visum besorgen. Nach einer Nacht ohne Schlaf, wenig Bewegung und Essen ohne Ende, eine besondere Herausforderung. Wir irren ein wenig planlos durch den Flughafen. Wir haben einen kleinen Rucksack dabei mit den wichtigsten Dingen und Bargeld für die gesamten vier Wochen. Wir sind ziemlich gerädert, trennen uns dann am Flughafen und quatschen kreuz und quer Leute an, um nun endlich an das Visum zu kommen. Leider ist gerade als wir den richtigen Schalter finden eine Maschine der Emirates gelandet und deren Insassen breiten gerade fröhlich ihre Teppiche in der Schalterschlange zum Gebet aus. Uns läuft ein bisschen die Zeit davon :-). Also einfach mal von hinten versuchen. Wir klopfen an eines das der Schalterhäuschen, quetschen uns mehr oder weniger über den Personaleingang hinein und schildern unser Problem. Ein Manager wird gerufen. Wir wissen noch nicht ob wir gleich abgeführt werden oder ob das ganze noch einen positiven Ausgang hat. Plötzlich steht ein kleiner, schick gekleideter Mann vor uns, der sofort unsere Pässe in Empfang nimmt und wir einfach hinter ihm herdackeln, durch sämtliche Sicherheitskontrollen, und einige Stempel einsammeln. Etwas seltsam. Wir werden direkt zur Maschine gebracht die uns nach Gondar fliegen soll. Ohne ein einziges mal die Schuhe auszuziehen, wie wir es bis zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens 10mal getan haben. Wir bedanken uns herzlich bei dem netten Herrn und steigen endlich in unser Flugzeug ein. Ob unser Sperrgepäck und unsere Rucksäcke es auch in der kurzen Zeit geschafft haben umzusteigen wissen wir nicht. Wird schon funktionieren. Eigentlich hätte das nette Propellerflugzeug schon längst weg sein müssen, aber nachdem noch weitere Gäste einsteigen und dann auch noch ein Schaden am Flugzeug festgestellt wird, fliegen wir erst zwei Stunden später als geplant weiter. Im Flugzeug fühlen wir uns richtig wohl! Eine wilde Mischung an Menschen. Einige Äthiopier aus vermutlich allen Gesellschaftsschichten, was wir anhand ihrer Kleidung vermuten und ein paar vereinzelte verrückte Weiße. Eine weiße, scheinbar total besoffene Professorin, nicht älter als 30, unterhält das ganze Flugzeug und macht aus den so verschiedenen Fluggästen eine große Gemeinschaft. Gestärkt mit äthiopischem Leberkäs landen wir gegen Mittag in Gondar unserem ersten richtigen Ziel. Ein Flugzeug, eine Start- & Landebahn, kein Gepäck. Das mit dem Gepäck hat also nicht funktioniert!

Am Flughafen stürzen sich schon die Taxigeier auf uns. Wir zwei Deutschen mit unserem kümmerlichen Rucksack unseren einzigen Kleidern am Körper und in den Kleidern unser ganzes Geld. Also marschieren wir schnurstraks in ein Zimmer im ersten Stock des Flughafengebäudes was nach einem Büro aussieht. Natürlich gefolgt von Abebe, einem der Taxigeier, aber einem im weißen Hemd. Auch die Herren im Büro sind sehr freundlich. Verstehen zwar nicht genau was wir von ihnen  wollen als wir ihnen klar machen wollen das uns zwei Fahrräder und zwei in Folie gewickelte Rucksäcke verloren gegangen sind, lächeln aber stets freundlich. Der Flughafen schließt nun.  D
ie einzige Maschine die heute landet ist ja nun da. Abebe verspricht uns zu helfen und wir sollten doch mit ihm morgen wieder um die selbe Uhrzeit kommen um nachzusehen ob das Gepäck eingetroffen ist. Also steigen wir in seinen Bus, damit er uns vom Flughafen weg in ein Hotel bringt. Er schlägt uns drei verschiedene vor und wir folgen seiner Empfehlung. Wir rechnen schon damit sauber übers Ohr gehauen zu werden. Ich bin etwas überrascht, dass in Äthiopien scheinbar Schafe freiwillig auf dem Rücken ihrer Mopedfahrer mitfahren. Das muss wohl an der Übermüdung liegen... Wir steigen in der noch von der Regenzeit verschlammten Innenstadt vor einem luxuriösen Hotel aus. Abebe begleitet uns und ist fassungslos, dass wir keine Handys dabei haben, um mit ihm in Kontakt zu bleiben. Nachdem er uns noch seine komplette Angebotslatte präsentiert hat, können wir ihn endlich abwimmeln und checken in unser erstes Hotel ein. Wir sind dreckig und wohl völlig falsch gekleidet für dieses Hotel. Wir fühlen uns ein wenig underdressed :-D. Aber trotzdem sind wieder alle furchtbar freundlich und zuvorkommend und putzen wie die Wilden hinter unseren Schlammabdrücken her, die wir auf dem weißen Marmorboden hinterlassen. Angekommen in unserem Zimmer, atmen wir erst mal tief durch und ruhen uns eine kleine Runde aus.









Am Nachmittag stellen wir uns dann noch der Aufgabe an etwas Geld zu kommen. Auf der Straße ist viel los. Überall Menschen! Die meisten schick gekleidet, einige liegen aber auch in Lumpen auf den Straßen. An jeder Ecke finden traditionelle Kaffeezeremonien statt. Es ist laut, bunt und ungewohnt. Erst jetzt fällt uns auf, dass es Sonntag ist. Die Banken haben geschlossen. Wir müssen aber irgendwie an ein paar äthiopische Birr kommen, um uns zumindest ein bisschen was zu Trinken und Essen kaufen zu können und wenn möglich ein paar Hygieneartikel zu besorgen. Wir wissen ja nicht, ob und wann das Gepäck wieder auftaucht. An der glitzernden Bank neben unserem Hotel gibt es einen Automaten. Das Display natürlich auf Amharisch. Nachdem er problemlos unsere Visa Card gefressen hat, gibt er plötzlich laut singend Geräusche von sich. Die natürlich auch die vielen Menschen, die auch schon vorher deutliche Neugier an uns gezeigt haben, hören. Plötzlich schießt ein Mann aus der Türe der Bank, drückt wild irgendwelche Tasten am Automat und ein kleines Bündel Birr kommt heraus. Wir staunen nicht schlecht. Wir sind auch schon gespannt, was unsere Kreditkartenabrechnung so sagt. Wir sind so angestrengt, überfordert, aber auch begeistert, dass wir gar nicht wirklich verstehen was uns geschieht. Es bleibt keine Zeit für Angst. Einer spielt den Beobachter und Bewacher und der andere handelt. Alle halten uns für Geschwister. So besorgen wir uns noch die teuersten Zahnbürsten, die wir je hatten und ein paar fast ungenießbare Getränke, aber es steht Coca Cola drauf. Ach und ich hätte es fast vergessen. Uns wird ein besonders guter Deal vorgeschlagen. 1 Birr für eine Runde Radl fahren :-). Die Kinder freuen sich, dass wir aus Deutschland kommen, Geschwister sind und scheinbar ganz viel Ahnung von Fußball haben. Nur sind sie nicht damit einverstanden, dass wir ihre Anweisung unsere Bananenschalen auf den Boden anstatt in den Mülleimer zu werfen nicht befolgen. Dann schlafen wir erstmal 13 Stunden auf unseren bockharten Hotelbetten.


Es ist Montag. Tag zwei in Äthiopien. Langsam wird mir auch klar, dass das mit dem Sozius-Schaf nicht so ganz freiwillig gewesen sein wird. Später ist mir klar, dass es ganz normal ist, lebende Tiere auf allem was fährt festzubinden, ob auf dem Dach oder dem Rücken eines Fahrers.
Dann besorgen wir uns jetzt mal wieder unser Gepäck! Nach einem wunderbaren Frühstück machen wir uns auf den Weg. Die Frage nach dem Taxi, das uns zum Flughafen bringen soll erledigt sich schon in der Hotellobby. Abebe ist da! Naja nach dem üblichen Verkaufsgespräch lädt er uns zu Hippie-Gästen, die gerade aus den Sirmien Mountains kommen, in seinen Bus. Der ganze Bus ist voller gelber Blumen. Angeblich wäre unser komplettes Gepäck am Flughafen. Woher auch immer Abebe das weiß. Ja sie sind da. Zwei Rucksäcke, Zwei Fahrräder und ein paar Ersatzschläuche. Wobei wir letztere auf der gesamten Reise kein einziges mal gebraucht haben. Kurzerhand machen wir noch mit dem Flughafenpersonal aus, dass sie doch unsere Radlkartons für die nächsten vier Wochen aufheben sollen und wir sie dann vor Abreise abholen.

Leider ist an meinem Mountainbike das Schaltauge auf dem Transport gebrochen. Das haben wir natürlich nicht dabei. Unter lauter neugierigen Blicken baut Christian mein komplettes Schaltwerk aus. So dass wir ein Spezial-Singlespeed-Mountainbike mit einem Gang haben. Irgendwie ist es doch ziemlich heiß hier fällt mir bei meiner Beobachtungsaufgabe auf. Wieder beobachte und bewache ich und er handelt :-D. Alle um uns rum wollen alles anfassen, begutachten und fragen tausend Fragen. Als wir endlich fertig sind bedanken wir uns nochmal bei Abebe, packen unsere sieben Sachen zusammen, hoffen, dass unsere Sachen in unseren Rucksäcken nicht in den Taschen der Anderen sind und machen unsere ersten Meter mit den Fahrrädern. Einfach erst mal raus aus dem Flughafengelände. Christian fährt als Gentleman den gesamten Urlaub mein Spezial Rad.

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