20.03.17:
Nun geht es also los, auf den höchsten Berg Nordafrikas, den
Jebel Toubcal. Normalerweise besteigen wir ja alles im Alpinstil, d.h. ohne
Hilfsmittel und tragen alles selbst. Nur diesmal ist das aufgrund der Menge an
Gepäck, insbesondere an Trinkwasser und Essen, nicht möglich, sodass wir uns im
letzten Talort ein Muli inkl. Muliführer und einen einheimischen Guide
engagieren. Das ist eine Erfahrung für sich und ein hammergeiles Bild, wie das
Muli mit unseren Ski bepackt ist.
So gehen wir relativ leicht die ersten 1100hm
bis zur Schneegrenze und nehmen dort schließlich unser komplettes Gepäck selbst
auf. Der Local meint es besonders gut mit uns und führt uns direkt ins erste
Bachbett, wo er optimalen Schnee zum Gehen mit Ski vermutet. Leider erweist
sich das felsdurchsetzte Gelände als nicht mit Ski begehbar und wir schnallen
mehrmals an und ab. Nachdem wir auch wiederholt beim Abschnallen in den Bach
einbrechen, fragen wir, ob es unter Umständen nicht besser wäre, abseits vom
Schnee und dem Bachbett entlang des Hangs zu laufen, die Ski dabei am Rucksack.
Er strahlt und hält es für eine tolle Idee, die dann sogleich umgesetzt wird. Leider
hat uns dieser Schlenker durch den Bach etliche extra-Höhenmeter und viel Kraft
gekostet.
Insbesondere Sarah ist einmal komplett bis zum Bauch eingebrochen und
konnte nur durch uns zwei Männer wieder von oben aus dem Loch gezogen werden.
Die restlichen 300hm gestalten sich unspektakulär, aber von den Strapazen zuvor
gezeichnet, sind wir froh, als wir endlich unser Lager erreichen.
Und was für ein Lager: ein Gebäude wie ein Schloss! Mit
Innenhof und komplett aus Naturstein thront es erhaben zwischen den Bergen.
Zwar unbeheizt und eiskalt, aber ein kleiner Raum wird vom Kamin erwärmt. Die
Mahlzeiten haben wir ja selbst mitgebracht, bzw. teilweise vom Esel schleppen
lassen, und nun lassen wir uns erstmal fürstlich bekochen. Es gibt Couscous mit
Gemüse und etwas Fleisch, Nüsse und Kekse und den obligatorischen Berbertee.
Wir platzen fast und verziehen uns in unsere Betten. Die Nacht auf 3200m
schlafen wir besser als in jeder Alpenhütte, jedenfalls bis um 5 Uhr der Berg
ruft. Nach kurzem Frühstück geht es los.
Normalerweise ist es ja nach jeder Hüttenübernachtung bei
den ersten Schritten draußen frisch, solange bis man sich eingegangen ist. Aber
diesmal hats uns fast umgehauen: orkanartiger Wind und dazu eiskalte
Temperaturen, dabei Wolken auf unserer Höhe, die der Wind vorbeigepeitscht hat,
dass man kurzzeitig nichts sehen konnte. Unsere Entscheidung: Los geht’s! Nach
10m schauten wir uns an und fragten uns gegenseitig ohne Worte: „Was machen wir
hier eigentlich?“ Es ging weiter. Der Sturm rüttelte an den Ski, die sich noch
am Rucksack befanden, Ein Gehen war nur mit Steigeisen und sehr langsam
möglich. Wir quälten uns 300hm nach oben, einen Steilhang flankierend und alle
Nerven angespannt, dass uns der Wind nicht den hang runterweht.
Als wir diesen
geschafft hatten, standen wir immernoch auf steinharten, hügeligen Eisplatten,
mitten im Nebel. Wir entschieden schweren Herzens, den Traum zu begraben und
umzukehren. Der Rückweg war nicht minder leicht und wir stiegen ziemlich
schnell ab, einerseits leicht enttäuscht, andererseits erleichert, dass nichts
passiert war. Der Sturm ließ uns bis zum Basisort Imlil nicht mehr in Ruhe. Es
wurde zwar etwas wärmer, aber dafür wurden wir nun mit Sand ausgepeitscht.
Im Ort selbst aßen wir noch, verabschiedeten uns und fuhren
los. Wir wollten nur noch weg aus der Kälte, weg aus dem Sturm, weg vom Sand
und fuhren nach Marrakesch, wo uns wohlige Wärme und ein grüner Campingplatz
erwarteten.
Die Folgetage standen ganz im Zeichen der Erholung,
wobei ein Spaziergang durch Marrakesch’s Zentrum auch hier und da das
Nervenkostüm auf die Probe stellt. Wir sahen Kobrabeschwörer mit Flöten,
mussten Schlangenbesitzern entkommen, die uns ihre apathischen Tiere unbedingt
um den Körper hängen wollten, sahen dressierte und gequälte Affen in Mädchenkleidern
und mussten fliegende Händler mit billigen Waren abwimmeln. Stattdessen
stürzten wir uns lieber in die Souks der Medina und schauten, welche Produkte
dort angeboten wurden: von Gewürzen über Kleidung und Handwerksarbeiten bis zu
Nahrungsmitteln (lebend und tot) gab es alles in toller Qualität. Wir kauften
jedoch lediglich getrocknete Aprikosen und karamellisierte Mandeln und verzogen
uns bald wieder in Richtung unseres Campers, um zu erholen. Dazu nahmen wir den
öffentlichen Bus für 50Cent pro Fahrkarte. Ein Erlebnis für sich: Obwohl es wie
in deutschen Bussen ein Klingelanlage zum Signalisieren des Aussteigewunsches
gibt (die auch funktioniert), wird diese ignoriert und das Prozedere des
Signalisierens ist: Ordentlich laut gegen die Verkleidung der hinteren Türe
hämmern (gerne mit der Faust) bis der Busfahrer das Hämmern hört und einen
rauslässt. Strange… Also erholen wir uns endlich etwas in geborgener
Campingplatzatmosphäre zwischen französischen und britischen Rentnern in ihren
riesigen Schiffen. Bissl viel in den letzten Tagen erlebt...
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